– über den Putsch zu …
… Autokratie – Despotie – Diktatur?
Grünen-Chef Cem Özdemir rief die in Deutschland lebenden Türken auf, beim türkischen Verfassungsreferendum am 16.04.2017 mit Nein zu stimmen:
„Unsere Demokratie ist nicht dazu da, in der Türkei eine Diktatur zu errichten. Nehmt den Menschen in der Türkei nicht die Freiheit, die ihr hier in unserem Land genießt.“
„Erdoğan, zeig mich an –
Dieter Hallervorden
Deutschland ist nicht Kurdistan„
SATIRE – „Er ist wieder da“
Stellen Sie sich vor, der Staatspräsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, findet ein Tagebuch mit den Initialen „A. H.“ und kommt auf die Idee, den Inhalt Schritt für Schritt umzusetzen.
Er liest von einem Reichstagsbrand und auch vom Röhm-Putsch und denkt sich, von den Menschenrechten habe ich ja in meinem Land schon einige außer Kraft gesetzt, aber ich habe immer noch so viele Gegner – vor allem diesen Gülen. Ich muss meine Macht weiter ausbauen – mit ungebildeten Gläubigen geht das besser, als mit Professoren. Für Fethullah Gülen sind doch tatsächlich Schulen wichtiger als Moscheen – er setzt sich für einen „aufgeklärten Islam“ ein. Nein, so geht das nicht!
Plötzlich fällt es doch tatsächlich „einem kleinen Teil des Militärs“ – wie Erdoğan selbst sagt – ein, gegen ihn zu putschen, um die Kontrolle über das Land zu gewinnen. Die Maßnahmen zu diesem Putsch waren lt. Insider-Meinung allerdings mehr als dilettantisch und von Anfang an ungeeignet erfolgreich zu verlaufen. Sie seien eher von Politikern, denn von Militärs vorbereitet worden (vgl. im Gegensatz dazu Militärputsch in der Türkei 1980).
Der aktuelle Putsch eröffnet aber ideale Möglichkeiten, umfangreiche Säuberungen („Gleichschaltung“) durchzuführen – so wird die Auslieferung von geflüchteten Militärs von Griechenland, Gülen von den USA und Gülen Anhängern von Deutschland gefordert. Medien werden bereits zensiert – Journalisten inhaftiert – Kritiker beseitigt.
Es werden rund 20 000 Menschen festgenommen – von Verfassungsänderungen bis hin zur Einführung der Todesstrafe ist die Rede. Demnach wären zahlreiche Richter, Staatsanwälte, Regierungsmitglieder, Wissenschaftler und Medienvertreter am Putsch beteiligt gewesen und die Namen konnten innerhalb von zwei Wochen festgestellt werden bzw. lagen bereits in der Schublade.
Militärische Handlungen richten sich aktuell gegen Kurden in Syrien – beim Schreiber des o. g. Tagebuches, kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem viele Länder es bereuten, so lange zugesehen zu haben…
„Ist er wieder da?“ –
Vergleichen Sie selbst die aktuellen Verhältnisse in der Türkei…
„Eine Regierung braucht nur unbestimmt zu lassen, was Verrat ist, und sie wird zur Despotie.“
Charles de Montesquieu, Esprit des Lois, XII, 7
Schlaglichter
Durch Erpressungen mit Staatsaufträgen und Steuerbescheiden wird bereits seit längerer Zeit auf die türkische Wirtschaft Einfluss genommen (nach FN vom 05.08.16 – Kommentar von Georg Escher).
„Die Welt“ am 08.08.2016
Die Reaktion war vom ersten Tag an unverhältnismäßig. Europa müsste endlich sagen, dass die Türkei zu weit gegangen, dass die Partnerschaft zu Ende ist. Das Flüchtlingsabkommen ist nicht alternativlos. Es ist letztlich ein Fehler. Laut Deutsche Welle, Bonn (dw.com) wurden innerhalb kürzester Zeit über 60.000 Staatsbedienstete suspendiert, entlassen oder in U-Haft (13.000) genommen.
Hamburger Morgenpost am 01.11.2016
Erdogan will Griechen-Inseln: Der Sultan träumt vom Großreich
Straffreiheit für Kindsmissbrauch
Das Verfassungsgericht annullierte eine Vorschrift, die jeglichen sexuellen Kontakt mit Kindern unter 15 Jahren als sexuellen Missbrauch bestraft. Das Gericht begründete seine Entscheidung gemäß „Hurriyet Daily News“ damit, dass das aktuelle Recht bei Kindesmissbrauch keinen Altersunterschied mache und 14- und 4-Jährige gleich behandle. Es habe bisher keine Auswirkungen auf das Recht, wenn eine „Einwilligung“ der Opfer vorliege. Im Alter von 12 bis 15 Jahren sei davon auszugehen, dass die Opfer die Bedeutung einer sexuellen Handlung bereits verstünden (vgl. auch Kinderehe).
Das heißt dann, mit „Einwilligung“ dürfen Kinder und Jugendliche missbraucht werden?
Türkei arbeitet mit radikalen Islamisten zusammen (Quelle: BND)
„Als Resultat der vor allem seit dem Jahr 2011 schrittweise islamisierten Innen- und Außenpolitik Ankaras hat sich die Türkei zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens entwickelt.“
Siehe:
- Unterstützung der ägyptischen Muslimbruderschaft
- Unterstützung der Hamas und
- Gruppen der bewaffneten islamistischen Opposition in Syrien (z. B. Miliz Ahrar al-Scham)
- Zusammenarbeit mit Befürwortern der Scharia
Todesstrafe
Diskussion um Wiedereinführung der Todesstrafe –
siehe auch: Erdogan will die Todesstrafe wieder einfuehren
Verfassungsgericht
Erdoğan akzeptiert Gerichtsurteil des Verfassungsgerichtes nicht:
Can Dündar
Rechtsstaatliche Regelungen
…in anderen Ländern (Auslieferung durch Griechenland und den USA, Presse und Meinungsfreiheit sowie Demonstrationsrecht) werden offenbar von der Türkei ignoriert: Verlangen sofortiger Auslieferung, Anzeige/Festnahme von Journalisten)
DW-Interview mit türkischem Minister beschlagnahmt
Festnahmen frei gewählter Kurdenpolitiker / Nov. 2016
Türkische Polizei nimmt HDP-Führung fest
Festnahmen türkischer Kurdenpolitiker erinnert an dunkelste Zeiten
Geheimdienst
Der türkische Nachrichten- / Geheimdienst „MIT“ (Millî İstihbarat Teşkilâtı) verfüge neben einer großen Zahl hauptamtlicher Agenten in Deutschland über ein Netz von 6000 Informanten. „Hier geht es längst nicht mehr um nachrichtendienstliche Aufklärung, sondern zunehmend um nachrichtendienstliche Repression“, sagte der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom. Die Überwachungsdichte sei enorm: „Selbst der Stasi ist es nicht gelungen, in der Bundesrepublik ein so großes Agentenheer aufzubauen.“ (Die Welt am 22.08.2016). Trotz diesen Zuständen im Land, wollte die Türkei
– visafreie Einreise in die EU noch 2016
– bis 2023 Vollmitglied der EU werden
☛ ein blanker Hohn!
„Ein Glück für die Despoten,
Johann Gottfried Seume, Apokryphen
dass die eine Hälfte der Menschen nicht denkt
und die andere nicht fühlt.“
Erdogan will die Macht –
ohne Widerspruch, ohne Kompromisse
Spiegel: „Tod einer Demokratie“ von Hasnain Kazim:
„Die Entwicklung in der Türkei geht schon seit Jahren – mit den Gezi-Protesten im Sommer 2013, als Menschen aus allen Schichten gegen Politik von Recep Tayyip Erdogan protestierten und dafür beschossen, weggeprügelt und ins Gefängnis gesteckt wurden, wurde das für die ganze Welt sichtbar.
Jetzt der gescheiterte Putschversuch und in der Folge ein drei Monate geltender Ausnahmezustand, was nichts anderes ist als das schamlose Aus-dem-Weg-Räumen aller Kritiker und Gegner von Erdoğan. Bislang hat der Staatspräsident, der unbedingt eine Präsidialdemokratie einführen will und deshalb eine Verfassungsänderung fordert, autoritär geherrscht. Jetzt nimmt er diktatorische Züge an. Man werde sich, natürlich, an rechtsstaatliche Maßstäbe halten und die Demokratie stärken, verspricht er.
In der Realität sieht das zum Beispiel so aus: Menschen werden im Internet aufgefordert, Verdächtige zu melden. Auf den ersten Blick versteht die Regierung darunter all jene, die sich positiv über die Putschisten äußern, aber die Aktion richtet sich in Wahrheit gegen alle Kritiker Erdoğans und seiner Partei AKP. Denunziantentum ist jetzt Bestandteil türkischer Regierungspolitik.“
Spiegel: „Faktisch ist die Türkei eine Diktatur“ von Politikwissenschaftler Burak Copur:
„Die Regierung ist nur noch ein Erfüllungsgehilfe von Erdoğan. Schon jetzt ist die Türkei faktisch ein Präsidialsystem. Auch das Parlament hat nichts mehr zu sagen. Das Einzige, was Erdoğan jetzt noch braucht, ist die juristische Legitimierung. Also eine Verfassungsänderung für das Präsidialsystem, weil er derzeit systematisch gegen die Verfassung verstößt.
Die Masse hat ja nicht immer Recht. Das kennen wir aus der eigenen deutschen Geschichte. Hinzu kommt, dass Wahlen in der Türkei nicht fair und frei verlaufen. Erdoğan kontrolliert die Medien, die Justiz und die Regierung. Wie soll es da zu fairen und freien Wahlen kommen? Man muss das Wahlergebnis akzeptieren, aber Demokratie bedeutet auch, dass man Minderheiten achtet und deren Rechte schützt. Davon kann in der Türkei keine Rede sein.“
Boykott: Türkei – Land (Urlaub) und Produkte