Der Begriff Tracht (von althochdt. traht(a), mittelniederdeutsch dracht: das, was getragen wird) wird im allgemeinen für traditionelle und historische Kleidung oder Teile davon gebraucht. Die Tracht ist die traditionelle Kleiderordnung einer bestimmten Region, eines Landes oder der Angehörigen einzelner Bevölkerungsgruppen, z. B. Ethnien (Volksgruppe) oder Berufsgruppen. –Wikipedia–
„Trachten haben Saison…“ – heißt es.
Man könnte aber fast meinen,
es gibt in Deutschland nur die bayerische Tracht!?
Bayern
Dirndl – Lederhose – Haferlschuhe – Oktoberfest
Als Bayerische Tracht wird hauptsächlich die oberbayerische Gebirgstracht verstanden, mit der „Lederhose für den Buam und dem Dirndlgwand für das Madl“. Es handelt sich vom Ursprung um keine Tracht, sondern um bäuerliche Tages- und Arbeitskleidung. Allerdings sind selbst eingefleischte Trachtler aus Altbayern entsetzt, was heutzutage alles als „Tracht“ verkauft wird. Landhausmode mit Sackleinen, „sexy“ Kurzdirndl, etc. – haben nichts mit Tracht, Tradition oder Brauchtum zu tun, sondern sind eine Modeerscheinung des 20. Jahrhunderts.
Selbst Dirndl gab es vor 200 Jahren beim ersten Oktoberfest noch gar nicht. Sie kamen erst Ende des 19. Jahrhunderts auf, als billiges Arbeitsgewand für Mägde und Dienstmädchen – und haben damit nicht viel historisches an sich. Gar erst Mitte der 60er Jahre wurde erstmals der Zusammenhang zwischen Dirndl und dem Oktoberfest hergestellt.
-Süddeutsche Zeitung Magazin Nr. 38, 24.09.10-
Warum sind Trachten-Imitate so faszinierend? Hauptsache sie sind bunt und billig – die Plagiate der oberbayerischen Gebirgstracht mit Design und Farbgebung aus Amerika oder Fernost. Vorwiegend die Jugend stürzt sich mit solchen „bayerisch-poppig-bunten“ Faschingskostümen ins Getümmel. Offensichtlich ist das verkleiden als „bayerische Seppln und Zenzen“ der Trend.
Das Glück der Trachtenindustrie ist es, dass die meisten Kunden nicht unterscheiden können, was eine nachempfundene Tracht oder die Tracht einer bestimmten Region ausmacht. Viele Leute kennen ja auch nicht mehr den Unterschied zwischen echter Volksmusik und den „volksdümmlichen“ Werken.
Leider kümmern sich auch teilweise fränkische Radiosender, z. B. Radio charivari 98.6, wenig um regionale Authentizität und fördern regelmäßig in Nürnberg die völlig bajuwarisierte „Trachten-Nacht“ in Nürnberg („Busserlbude“, „D’Schwuhplattler“,…). Auf Anfrage hieß es: „auch fränkische Trachten sind willkommen“ – ha ha ha, Franken mit Rückrat begeben sich sicher nicht auf dieses Niveau.
Die Verwendung von Kleidung der Besatzungsmächte (amerikanische Tarnanzüge, oberbayerische Gebirgstracht) durch manche Zeitgenossen könnte man außerdem noch umfangreich psychologisch analysieren – das würde aber hier den Rahmen sprengen. Tracht war jedenfalls nie eine Uniform.
Franken
Die Fränkische Tracht kennt z. B. keine Haferlschuhe, Hirschhornknöpfe (womöglich noch aus Kunststoff), Hosenträger, Bauchschnürung/Kettchen wie am Dirndl und den Gamsbart.
Franken waren nie so arm, dass sie Lederhosen als widerstandsfähige Arbeitskleidung tragen mussten. Außerdem gibt es die fränkische Tracht nicht als billig in Fernost zusammengenähte Kopie. Die fränkischen Trachten gehen bis in die Zeit des Spätmittelalters und Renaissance zurück und sind sehr vielfältig.
-Einzelne Formulierungen aus der ‚Nürnberger Zeitung plus‘ vom 24.09.11 / Florian Mangold-
„Es könne nicht angehen, dass die Oberbayern ihre Trachten bei allen erdenklichen Gelegenheiten auftragen, die Franken dagegen nicht einmal wissen, dass es eine eigene fränkische Tracht gibt. Seit die Franken von den Bayern sozusagen okkupiert wurden, ist das Selbstbewußtsein angekratzt. Keine Tracht zu tragen, verstand man daher in Franken als eine Art des Protests. Aber ich glaube, dass man gerade mit einer typischen regionalen Tracht das Selbstbewusstsein wieder prägen kann, ja sogar die eigene Identität der Franken hervorholen kann.“
-Frau Evelyn Gillmeister-Geisenhof , Trachtenforschungs- und Beratungsstelle, Landkreismagazin Fürth 6.2010-
Man sieht also auch hier, dass fränkisches und bayerisches Brauchtum wenig miteinander zu tun haben – bekennen Sie sich doch zu Ihrer Heimat – wenn Tracht, dann regional!